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Institut für Epidemiologie (IfE)

Nationales Referenzlabor für Beschälseuche der Pferde

Die Beschälseuche (Dourine) ist eine meist chronisch verlaufende venerische Infektionskrankheit (Deckseuche) der Einhufer. Der Erreger, Trypanosoma (T.) equiperdum, (Doflein 1901) wird beim Deckakt direkt von Tier zu Tier übertragen. T. equiperdum ist für den Menschen nach bisherigem Wissen nicht pathogen.

Trypanosoma equiperdum

T. equiperdum ist ein einzelliger, begeißelter, extrazellulär lebender Parasit (16-35 µm lang) aus der Familie der Trypanosomatidae, Ordnung Kinetoplastidae, der vorwiegend im Gewebe parasitiert und nur vorübergehend in die Blutbahn eindringt. Basierend auf dem Übertragungsweg werden zwei Sektionen unterschieden, deren eine, die Sektion Salivaria, das Subgenus Trypanozoon mit den Spezies T. equiperdum, T. evansi und T. brucei enthält. Neuere molekularbiologische Untersuchungen lassen jedoch vermuten, dass es sich bei T. evansi und T. equiperdum nicht um selbstständige Spezies, sondern um Subspezies von T. brucei handelt, deren eine, T. equiperdum, speziell an das Pferd adaptiert ist. Bisher können T. equiperdum und T. evansi, das ebenfalls beim Pferd vorkommen kann, nur mit Hilfe der PCR unterschieden werden. Der Erreger T. equiperdum unterscheidet sich von anderen Mitgliedern des Subgenus Trypanozoon, indem er nicht durch Insekten, sondern beim Deckakt direkt von Tier zu Tier übertragen wird. Ein anderes Erregerreservoir als infizierte Equiden ist nicht bekannt.

Bedeutung von Trypanosoma equiperdum als Krankheitserreger

Die Beschälseuche war ursprünglich in vielen Ländern der Erde verbreitet, gilt aber heute in Mitteleuropa, Nordamerika und Australien als getilgt. Die Erkrankung äußert sich anfänglich in einer örtlichen Entzündung der äußeren Geschlechtsorgane mit schleimigem Ausfluss, gefolgt von Quaddeln an Hals, Schulter, Unterbrust und Kruppe. Schließlich treten motorische Lähmungen auf. Klinische Erkrankungen kommen in Deutschland nicht mehr vor. Hier fallen Pferde meist nur durch fragliche oder positive serologische Reaktionen bei Handels- oder Zuchttauglichkeitsuntersuchungen auf. Häufig sind dies Import-Pferde aus Risikogebieten. Ein positives serologisches Resultat hat für das Tier (Leben, Zuchttauglichkeit) und den Besitzer (finanziell) gravierende Konsequenzen, da der direkte Erregernachweis oder der Nachweis von Erreger-DNA in einem Land ohne endemisches Infektionsgeschehen wie Deutschland meist nicht gelingt.

Die Beschälseuche gehört in Deutschland zu den anzeigepflichtigen Tierseuchen. Die amtliche Diagnose erfolgt serologisch mittels Komplement-Bindungsreaktion (KBR), der von der OIE (world organisation of animal health) vorgeschriebenen Methode. Gemäß OIE Manual of Standards for Diagnostic Tests and Vaccines 2008 gelten Serumtiter ab 1:5++ (Wärmebindung) als positiv. Nach der Entscheidung der EU-Kommission - 93/197/EWG - i.d.F. vom 26.02.96 sind Titer ab 1:10 als Beschälseuche-positiv einzustufen.

Das Referenzlabor produziert das für die KBR benötigte Antigen und gibt es an die Landesuntersuchungsämter ab, da in Deutschland kein kommerziell hergestelltes, zugelassenes Antigen verfügbar ist. Außerdem überprüft das Referenzlabor positive oder fragliche serologische Befunde, die in den Untersuchungsämtern erhoben werden und führt vergleichende Labordiagnostikstudien durch.

  • KBR-Bestätigungsuntersuchungen bei Proben mit positiver oder fraglicher Befundung durch Landesuntersuchungsämter (gemäß OIE-Vorschrift)
  • Herstellung des amtlich zugelassenen Antigens für die KBR durch Propagierung in Ratten (gemäß OIE-Vorschrift)
  • Anwendung weiterer serologischer Methoden

In vitro-Herstellung von Trypanosoma equiperdum-Antigen und dessen Bewertung zur Verwendung bei der Serodiagnostik der Beschälseuche

Um einen Ersatz für das herkömmliche Herstellungsverfahren von Antigenen für die Beschälseuche-Diagnostik in Ratten zu schaffen, wurde ein zellfreies in vitro-System zur Vermehrung des Trypanosoma equiperdum-Stammes OVI entwickelt. Basierend auf dem partiell definierten Medium nach Baltz et al. (1985) wurde ein optimiertes Medium durch Zugabe weiterer Nährstoffe hergestellt. An dieses Medium wurden Trypanosomen durch zwei aufeinanderfolgende Kultivierungsschritte adaptiert, was zu einer signifikant besseren Vermehrung bzw. einer erhöhten Zelldichte-Toleranz führte. Infolgedessen konnten angepasste Parasiten auf maximale Zelldichten von > 2 x 106 Zellen/ml vermehrt werden, was eine in präparativen Mengen mit dem herkömmlichen Verfahren vergleichbare in vitro-Antigenproduktion ermöglicht. Eine Kollektion von 180 Pferde-Seren aus dem Feld, die zuvor zur Untersuchung an das Deutsche Nationale Referenzlabor für Beschälseuche geschickt worden waren, wurden in der Komplement-Bindungsreaktion (KBR) sowohl unter Verwendung von in vitro- als auch herkömmlich hergestelltem Beschälseuche-Antigen getestet. Cohens Kappa-Werte der Resultate mit 2 in vitro-hergestellten Antigen-Chargen betrugen im Vergleich zu herkömmlichem Antigen 0,91 (95% Konfidenzintervall [CI]: 82,2-99,7) bzw. 0,83 (95% CI: 70,3-95,3). Die Eignung von Antigenen für diagnostische Zwecke wurde in einer Laborvergleichsstudie, bei der 14 Seren von Pferden mit festgestelltem Beschälseuchestatus eingesetzt waren, bestimmt. KBR-Ergebnisse von 15 teilnehmenden europäischen Labors zeigten eine diagnostische Sensitivität von 94,1% (95% CI: 89,4-98,7) und eine diagnostische Spezifität von 96,2% (95% CI: 92,5-99,9) für herkömmliches Antigen und eine etwas höhere diagnostische Sensitivität von 96,0% (95% CI: 92,2-99,8) und eine diagnostische Spezifität von 97,1% (95% CI: 94,0-100) für in vitro-hergestelltes Antigen. Wir schließen daraus, dass unser neuartiger Ansatz für die Herstellung von Beschälseuche-Antigen aus in vitro-gewachsenen Trypanosomen quantitativ und qualitativ die zukünftige Anforderungen erfüllt und von den zuständigen Behörden als Alternative für den derzeit als internationalen Standard vorgeschriebenen Tierversuch in Betracht gezogen werden sollte.

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Bassarak, B., Moser, I., Menge, C. (2016) In vitro production of Trypanosoma equiperdum antigen and its evaluation for use in serodiagnosis of dourine. Veterinary Parasitology 223:133-40
DOI10.1016/j.vetpar.2016.04.032 

Kontakt: Irmgard Moser: irmgard.moser@~@fli.de; Christian Menge: christian.menge@~@fli.de

  • Internationale Vorschriften zum Versand von diagnostischem Untersuchungsmaterial beachten
  • Serumproben, mindestens 1 mL, gekühlt oder tiefgefroren einsenden.
  • Begleitschreiben mit Name und Anschrift der Institution (Kopfbogen), Unterschrift des Einsenders, Beschreibung der Proben, Tierart, Proben-Nummer