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Institut für molekulare Virologie und Zellbiologie (IMVZ)

WOAH und Nationales Referenzlabor für Tollwut

Die Tollwut ist eine der ältesten bekannten, vom Tier auf den Menschen übertragbare virusbedingte Infektionskrankheit (Zoonose) des zentralen Nervensystems und weltweit verbreitet.

Die Erreger der Tollwut sind Lyssaviren, die zum Genus Lyssavirus der Familie der Rhabdoviridae der Ordnung Mononegavirales gehören. Derzeit sind 17 anerkannte und vier putative Lyssavirusspezies bekannt.

Fledertiere (Chiroptera) sind die eigentlichen Reservoire für Lyssaviren; 18 der bislang bekannten Lyssaviren kommen ausschließlich bei Fledermäusen oder Flughunden vor. Fledermaus-assoziierte Lyssaviren haben begrenzte geografische und Wirtsspektren, Übertragungen auf Mensch und Tier sind selten.

Dem Rabiesvirus (RABV) als Prototyp der Lyssaviren kommt aus gesundheits-politischer Sicht besondere Bedeutung zu. Es ist der Erreger der weltweit vorkommenden „klassischen Tollwut“, für die Mesokarnivore das natürliche Reservoir bilden. Aus epidemiologischer Sicht unterscheidet man zwischen der urbanen und sylvatischen Tollwut. Letztere umschreibt die durch Wildkarnivoren (Fuchs, Waschbär, Marderhund, Mangusten, Skunk) übertragene Tollwut; während bei der urbanen Tollwut Hunde (Canis canis) das Hauptreservoir sind. In beiden Fällen wird das Tollwutvirus auch auf andere Tiere und den Menschen übertragen.

An der hunde-vermittelten (urbanen) Tollwut sterben nach Schätzungen der WHO jährlich immer noch zehntausende von Menschen, vor allem in Afrika und Asien an dieser Krankheit. Daher wird sie auch oft als vernachlässigte (neglected) Zoonose bezeichnet.

Dank intensiver Bekämpfungsprogramme konnte die in Europa vorherrschende Fuchstollwut in weiten Teilen des Kontinentes getilgt werden. Viele Länder in West- und Mitteleuropa, inklusive Deutschland, gelten international anerkannt als tollwutfrei.

Die Aufgabenstellung als Nationales Referenzlabor für Tollwut ist in der nationalen Tollwutbekämpfungsverordnung (TW-VO in der jeweils gültigen Fassung) in Verbindung mit einem Bescheid des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 8. Juli 1997 festgelegt:

  • Direkter Ansprechpartner für Bundes- und Länderbehörden zu Fragen der Tollwutbekämpfung (Orale Immunisierung der Füchse) 
  • Forschung zur Weiterentwicklung Tollwut-spezifischer Testverfahren, Pathogenese, Immunisierung und Epidemiologie
  • Beteiligung an internationalen Arbeitsgruppen und Forschungsprojekten 
  • Durchführung bestätigender Antigen- bzw. Genomnachweis
  • Bereithaltung von Virusstämmen und Referenzseren 
  • Chargenprüfung von Tollwut-Diagnostika (ELISA, Konjugate) 
  • Standardisierung der Tollwutdiagnostik
  • Durchführung nationaler und Teilnahme an internationalen Ringvergleichstests 

Das FLI wurde 1977 als WHO Collaborating Centre for Rabies Surveillance and Research sowie 1992 als WOAH Referenzlabors für Tollwut ernannt. Die Aufgaben als WHO Collaborating Centre for Rabies Surveillance and Research und WOAH Referenzlabors für Tollwut werden mit jeder Redesignierung aktualisiert:

  • Durchführung und Koordination von Tollwutforschung gemäß den Empfehlungen des WHO Expert Committee. Forschungsgebiete sind die orale Immunisierung von Wildtieren und Hunden, Epidemiologie und Diagnostik der Tollwut sowie die Epidemiologie der Tollwut in Neozooen und Europäischen Fledermäusen.
  • Erhebung und Analyse tollwutspezifischer epidemiologischer Daten und Zurverfügungstellung für das Global Health Observatory der WHO bzw. Datenbanken des WOAH
    • Weiterentwicklung des Rabies Bulletin Europe als eine interdisziplinäre Informationsplattform und Template für andere Regionen
  • Beratung von WHO und WOAH zu Fragen der Tollwutsurveillance, -diagnotik und -bekämpfung
  • Weiterentwicklung und Standardisierung von tollwutspezifischer Diagnose- und Bekämpfungsverfahren
  • Training in Epidemiologie und Diagnostik

Links:

  • Antigennachweis mittels Immunfluoreszenztest (IFT), direktem Rabies immunohistochemischem test (DRIT) & immunochromatographischem Test (later flow device)
  • Zellkultureller Virusnachweis (Virusisolierung)
  • Lyssavirusgenomnachweis mittels konventioneller und real-time RT-PCR
  • Genetische Charakterisierung von Lyssaviren mittels Genomsequenzierung
  • Biologische Charakterisierung von Lyssaviren im Mausmodell
  • Antikörpernachweis mittels Neutralisationstest, ELISA, Zell-ELISA und Immunoblot
  • Referenzseren für serologische Assays
  • Verschiedene Lyssavirus-Referenzstämme
  • Anti-Nukleokapsid monoklonaler Antikörper zur Virustypisierung
  • Pathogenitätsstudien mit neuartigen Lyssaviren
  • Passive Surveillance zum Vorkommen von Lyssavirus-Infektionen 
  • Genotypische Charakterisierung von Lyssavirusisolaten aus Europa und anderen Teilen der Welt
  • Entwicklung Lyssavirus-genotypspezifischer Real-Time RT-PCRs
  • Erhebung und Auswertung von Tollwutsurveillancedaten aus Europa
  • Immunogenität und Wirksamkeit neuer oraler Tollwutimpfstoffe
  • Orale Immunisierung von Wildtieren und Hunden
  • Technische Unterstützung der Bekämpfung der Hundetollwut in Namibia
  • Kudu-Tollwut
     
  • Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit („Tiergesundheitsrecht“)
  • Verordnung zum Schutz gegen die Tollwut (Tollwut-Verordnung) in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Oktober 2010 (BGBl. I S. 1313) zuletzt geändert durch Artikel 3 der Verordnung vom 29. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2481)