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Institut für neue und neuartige Tierseuchenerreger (INNT)

Nationales Referenzlabor für West-Nil-Virus (WNV)

Informationen des FLI zur aktuellen WNV-Situation

West-Nil-Virus (WNV)

Das West-Nil-Virus (WNV) ist ein von Mücken übertragenes virales Pathogen mit weltweiter Bedeutung und eines der am meisten verbreiteten Flaviviren überhaupt. WNV wird hauptsächlich in einem enzootischen Zyklus zwischen ornithophilen Mücken, hauptsächlich Stechmücken der Gattung Culex, und bestimmten Wildvogelarten aufrechterhalten.

Einige Vogelarten wie z. B. Raben, Eichelhäher und Greifvögel sind besonders empfänglich für eine WNV-Infektion und können schwere Krankheitsbilder bis hin zu tödlichen Enzephalitiden entwickeln, während andere Vogelarten nur subklinische Infektionen durchlaufen. Menschen und Pferde sind sog. Fehlwirte („dead-end-hosts”) der Erkrankung und können milde fieberhafte Symptome (sog. „West-Nil-Fieber“) bis hin zu schweren Gehirnentzündungen mit tödlichem Ausgang entwickeln.

Erstmalig wurde das West-Nil-Virus bei 12 Vögeln und 2 Pferden im Jahr 2018 in Deutschland (vorrangig Ostdeutschland) nachgewiesen. Infektionen mit diesem Virus stellen eine anzeigepflichtige Tierseuche dar, für die derzeit keine nationale Bekämpfungsverordnung vorhanden ist. Daher sollte sich das tierseuchenrechtliche Vorgehen auf das Tiergesundheitsgesetz stützen.

In Europa sind derzeit drei WNV-Impfstoffe für die Anwendung beim Pferd durch die Europäische Arzneimittelagentur zugelassen. Für alle drei Impfstoffe (siehe Empfehlung der StIKo Vet vom 22.10.2018) gilt, dass sich Pferde trotz der Impfung mit WNV infizieren können, jedoch schützen sie weitgehend vor einer klinischen Ausprägung der Infektion, verkürzen die Dauer der Virämie sehr deutlich und verringern die Viruslast während dieser Phase.

Weltweit gibt es bislang keine zugelassenen Impfstoffe gegen WNV für den Menschen.

Um das Risiko im Hinblick auf Infektionen beim Menschen und Tieren sowie die Verbreitung von WNV und Usutu-Virus besser einschätzen zu können, wird seit vielen Jahren am Institut für neue und neuartige Tierseuchenerreger (INNT) des FLI ein Wildvogel-Monitoring Projekt durchgeführt. In Zusammenarbeit mit verschiedenen Kooperationspartnern werden Blutproben und Tierkörper von Wild-, Volieren- und Zoovögeln auf das Vorkommen von verschiedenen Arboviren untersucht. Dabei unterstützen ehrenamtliche Ornithologen und Mitarbeiter der veterinärmedizinischen Landesuntersuchungsämter, der Vogelkliniken der veterinärmedizinischen Fakultäten, des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNITM), der Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Stechmückenplage (KABS), des Naturschutzbundes (NABU), sowie etliche tierärztliche Vogelpraxen und Wildvogelauffangstationen dieses deutschlandweit einmalige Wildvogel-Monitoring Projekt als Probensammler. So konnten seit 2007 mehr als 8.000 Wildvogelblutproben untersucht werden. Vor 2018 wurde bei keinem untersuchten Vogel ein Hinweis auf eine frühere autochthon erworbene WNV-Infektion ermittelt. Auch alle bundesweit untersuchten verendeten Vögel waren bis zum August 2018 stets negativ bezüglich WNV.

Für 2019 stellte das Nationale Referenzlabor für WNV-Infektionen bereits Anfang Juli den ersten amtlichen Fall fest, bis Jahresende folgten über 100 weitere Fälle. Damit ist davon auszugehen, dass das WNV erfolgreich in einheimischen Stechmücken in Deutschland überwintern konnte. Im Herbst 2019 wurde das Virus außerdem erstmals in Mücken des Culex pipiens Komplex nachgewiesen sowie 5 humane autochthone Infektionen wurden bestätigt (siehe RKI: Epidemiologisches Bulletin 25/2020).

Im Jahr 2020 trat der erste Fall von WNV bereits Mitte Juli auf. Bis zum Ende des Jahres wurden dann insgesamt 64 WNV-Nachweise bei Zoo- und Wildvögeln ermittelt sowie 22 infizierte Pferde detektiert, alle mit mehr oder weniger starker klinischer Symptomatik. Die Mehrzahl der Fälle bei Vögeln und Pferden wurden in den bereits bekannten betroffenen Regionen Ostdeutschlands (SN, ST, BB, BE) bestätigt. Erstmals im Bundesland Thüringen wurde die WNV-Infektion auch bei erkrankten und/oder verendeten Zoo- und Wildvögeln nachgewiesen sowie eine Ausbreitungstendenz in weitere Landkreise von Brandenburg beobachtet. Weiterhin wurde die Verbreitung in das Bundesland Niedersachsen, Landkreis Helmstedt (Pferd mit neurologischer Symptomatik), nachgewiesen. Damit konnte im Vergleich zu 2019 eine Ausbreitungstendenz des WNV aufgezeigt werden. Auch in 2020 wurde das WNV in Stechmückenpopulationen in betroffenen Gebieten nachgewiesen sowie ein deutlicher Anstieg humaner Erkrankungsfälle verzeichnet. (siehe RKI: Epidemiologisches Bulletin 36/2020 und 37/2020).

Zur Abklärungsuntersuchung von erkrankten Vögeln und Pferden bezüglich WNV halten Sie sich bitte an die Vorgaben zum einzusendenden Untersuchungsmaterial laut Amtlicher Methodensammlung (siehe Amtliche Methode und Falldefinition) und wenden Sie sich bitte zunächst an ihr von der jeweils zuständigen Landesbehörde dazu bestimmten Untersuchungseinrichtung der einzelnen Bundesländer (zugehöriges Landesuntersuchungsamt). Verdächtige Proben gelangen dann vom Landesuntersuchungsamt zur weiterführenden Untersuchung an das Nationale Referenzlabor am FLI.

  • Antigen- bzw. Genomnachweis in Untersuchungsmaterial
  • Antikörpernachweis
  • Ansprechpartner für Bundes- und Länder- sowie EU-Behörden zu Fragen der West-Nil-Virus - Diagnostik und Bekämpfung
  • Charakterisierung von Virusisolaten
  • Überprüfung, Standardisierung und Weiterentwicklung von diagnostischen Verfahren
  • Teilnahme an Ringtests (national und international)
  • Beteiligung an nationalen und internationalen Arbeitsgruppen und Forschungsprojekten
  • Virusisolierung und Anzucht in vitro
  • Genomnachweis mittels RT-PCR (quantitativ)
  • Stammcharakterisierung durch Genomsequenzierung
  • Quantitativer Nachweis neutralisierender Antikörper (Serumneutralisationstest, Plaque-Reduktionstest, Surrogat-Testformate)
  • Serologischer Nachweis von Antikörpern mit ELISA-Testen inklusive Differenzierung der Immunglobulinklassen
  • Immunfluoreszenz-basierter Nachweis von Antikörpern (iIFA)
  • Probenpanel zur Testung neuer Diagnoseverfahren (RT-PCR)