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Kurznachricht

Strategien gegen Antibiotikaresistenzen

Wissenschaftler am FLI forschen zu Gesundheitsgefahr der Zukunft

Aufgaben des Konsortiums InfectControl 2020

InfectControl 2020 widmet sich neuen Konzepten zur Infektionskontrolle. Diese können nur entwickelt und umgesetzt werden, wenn die Grenzen zwischen Technologien, Disziplinen und Branchen aufgebrochen werden. In dem Konsortium IC2020 arbeiten erstmals akademische Partner und Unternehmen aus Landwirtschaft und Veterinärmedizin, Klimaforschung, Mobilität, Infrastruktur, medizinischer Forschung und Versorgung sowie Öffentlichkeit und Patienten gemeinsam an Lösungen zur Bekämpfung von Infektionen im 21. Jahrhundert. Nach dem ersten Projektaufruf Mitte 2016 wurden aus 22 eingereichten Projektskizzen sechs Verbundvorhaben mit einem Fördervolumen von etwa 10 Millionen Euro ausgewählt.

Eines der zu bearbeitenden Problemfelder ist die rasante Ausbreitung von Resistenzen, durch die sich krankheitserregende Mikroorganismen vor der Abtötung durch Antibiotika schützen können. Die Herausforderung besteht nun darin, die aus human- und tiermedizinischer Sicht extrem wichtige Antibiose auch in Zukunft einsetzen zu können. Hierzu ist sicherlich ein Bündel von Maßnahmen notwendig, die beim verantwortungsbewussten Umgang mit Antibiotika beginnen und bei der Suche nach zusätzlichen antibakteriell wirksamen Substanzen nicht aufhören. 

Der steigenden Zahl resistenter Bakterien steht allerdings eine sinkende Zahl neuer Antiinfektiva gegenüber, da ideale Wirkstoffkandidaten sehr selten sind und der Entwicklungsprozess für neue klinisch verfügbare Medikamente immer komplexer wird. Der Weg bis zur Zulassung eines neuen Antibiotikums wird zudem durch wirtschaftliche Erwägungen der Pharmaunternehmen, gestiegene Anforderungen an Studien im Menschen und die geringe Aussagefähigkeit der genutzten Tiermodelle beeinträchtigt. So entsteht eine Lücke zwischen entwickelten Substanzen, die in der chemischen und mikrobiologischen Grundlagenforschung identifiziert werden, und klinisch verfügbaren Medikamenten. 

Test neuer Substanzen mit Hochleistungstechnologien 

Das Verbundprojekt MOASES

Eines der Forschungsprojekte im Rahmen von InfectControl 2020, das die oben genannte Kluft zu überbrücken helfen soll, heißt MOASES (Meta-Omics-Analysen systemischer Effekte antiinfektiver Substanzen). Das Institut für molekulare Pathogenese des Friedrich-Loeffler-Instituts in Jena koordiniert dieses Projekt, dessen endgültige Bewilligung durch den Projektträger Jülich jetzt erfolgte. Bei der Etablierung neuer antimikrobieller Substanzen sind deren Auswirkungen sowohl auf die zu bekämpfenden Krankheitserreger wie auch auf die bakteriellen Bewohner des Darmes nur wenig bekannt. Neben einer Veränderung der Darm-Mikrobiota, die über die Verträglichkeit eines Antibiotikums mitentscheidet, ist auch die durch Antibiotika hervorgerufene mögliche Aktivierung oder Inaktivierung von Virulenz- bzw. Resistenzfaktoren pathogener und kommensaler Organismen im Darm Gegenstand von MOASES. 

Die genannten Aspekte sollen unter Anwendung von umfassenden Transkriptom- und Proteomanalysen beantwortet werden. Hierbei sollen ein Tiermodell, zwei repräsentative human- und tierpathogene Modellkeime (Clostridium difficile, die häufigste Ursache nosokomialer Infektionen, und Salmonella enterica, die zweithäufigste Quelle von Lebensmittelkontaminationen bei den Bakterien) sowie zwei neue natürliche Wirkstoffe eingesetzt werden.

Ein erster Schwerpunkt von MOASES ist die Untersuchung systemischer Effekte der beiden antimikrobiellen Substanzen mittels (Meta)Omics-Technologien unter Einbeziehung des human-nahen, landwirtschaftlich bedeutsamen und am FLI gut etablierten Großtiermodells Schwein. Hier soll nach Fütterung antimikrobieller Wirkstoffe das Darmmikrobiom von Ferkeln u.a. auf seine phylogenetische (stammesgeschichtliche) Zusammensetzung und seine Funktionalität hin untersucht werden. Ein weiterer Fokus von MOASES liegt auf der Analyse der globalen Effekte der beiden neuen antibakteriellen Naturstoffe auf die Expressionsprofile der beiden ausgewählten Pathogene im Vergleich zu den in der Tier- und Humanmedizin häufig eingesetzten Antibiotika Clarithromycin und Tetracyclin; dabei sind auch Rückschlüsse auf den Wirkmechanismus der neuen Substanzen zu erwarten.

„Wir möchten in unserem Vorhaben die systemischen Effekte von Antibiotika besser verstehen. Dazu möchten wir in einem sehr ambitionierten Projekt insbesondere die Reaktion der Mikrobiota im Darm analysieren. Hierfür werden wir Kotproben mit modernsten Omics-Technologien in Bezug auf das Metagenom, das Metatranskriptom und das Metaproteom analysieren. Es ist jetzt Zeit, die Relevanz der Mikrobiota für die Wirksamkeit und Verträglichkeit von antiinfektiven Substanzen mit den uns seit kurzem zur Verfügung stehenden Hochleistungs-Sequenziermethoden zu prüfen“, so Prof. Dr. Thilo M. Fuchs, Koordinator von MOASES. Indem es Aufschluss über die Risiken der Verbreitung von Resistenzen über das Darmmikrobiom geben kann, ergänzt MOASES andere Projekte, die bereits im Rahmen von InfectControl 2020 gefördert werden, insbesondere die Vorhaben der Transsektoralen Transfergruppe Antiinfektiva (TTA) und ein Vorhaben zur Untersuchung der Verbreitungswege von Antibiotika-Resistenzen in kommunalen und landwirtschaftlichen Abwässern (ANTIRES). 


Infokasten MOASES

Laufzeit 2017 bis 2020, Projektmittel € 445.917 Euro; http://www.infectcontrol.de/de/home.html

Beteiligt sind Prof. Dr. Thilo M. Fuchs (Koordinator), Prof. Dr. Christian Menge (beide vom Institut für molekulare Pathogenese, Friedrich-Loeffler-Institut Jena), Prof. Dr. Katharina Riedel (Abteilung Mikrobielle Physiologie und Molekularbiologie, Institut für Mikrobiologie an der Universität Greifswald) und Prof. Dr. Rolf Müller (Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland, Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung Saarbrücken).


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Von links nach rechts: Uta Brommer, Thilo M. Fuchs, Josefine Bach und Kerstin Steger (Foto: © FLI)