Eine gerade veröffentliche Studie zeigt, dass Influenza A Virus des Subtyps H9N2 aus dem Nilflughund sich in Frettchen gut vermehrt und unter ihnen gut übertragen wird. Zudem infiziert es menschliche Lungenexplantatkulturen effizient und ist in der Lage ist, die antivirale Hemmung durch humanes MxA-Protein im Mausmodell zu umgehen.
Das dynamische Infektionsgeschehen von Influenza A Virus des Subtyps H5N1 („Vogelgrippe“) hat sich zu einer nahezu weltweiten Panzootie bei Wildvögeln entwickelt. Momentan lässt die damit verbundene stetig wachsende Zahl an infizierten Kühen in den USA aufhorchen. Aber nicht nur für Tiere, sondern auch für uns Menschen können Influenza A Viren in bestimmten Fällen zu einem Gesundheitsrisiko werden. Unter anderem für den Subtyp H9N2 werden fortgesetzt neue humane Fälle bestätigt, vor Kurzem sogar ein Fall mit schwerwiegenden Symptomen in Vietnam. Eine Gruppe internationaler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchte daher ein weiteres Influenza A Virus des Subtyps H9N2 aus einem Flughund (Rousettus aegyptiacus) genauer. Sie fanden heraus, dass dieses Virus eine Vielzahl von Eigenschaften beherbergt, die es ihm erleichtern könnte, Menschen zu infizieren und darüber hinaus in der Population verbreitet zu werden. Allerdings muss betont werden, dass bisher keine Hinweise auf einen Speziessprung für dieses Fledermausvirus existieren und keine Humanfälle bekannt sind.
Das Influenza A Virus des Subtyps H9N2 wurde 2017 in Nilflughunden aus Ägypten, Afrika, nachgewiesen und erfolgreich isoliert. Darüber hinaus wurde das Virus zu Beginn 2023 ebenfalls in Nilflughunden aus Südafrika festgestellt, was bereits auf eine starke Verbreitung dieses Fledertier-H9N2 über den afrikanischen Kontinent schließen lässt. Da bisher nur sehr wenig über dieses Virus bekannt war, schlossen sich Forschende des FLI mit weltweiten Kooperationspartnern zusammen, um dessen zoonotisches Potential zu untersuchen. Sie stellten fest, dass das Fledertier-H9N2 in der Lage ist, effizient im Frettchen vermehrt und an Kontakttiere weitergegeben zu werden. Darüber hinaus konnten auch Putenküken mit dem Virus infiziert werden, sodass es die Speziesgrenze zu bestimmten Vogelarten überschreiten kann.
Zusätzlich zeigte das Fledertier-H9N2 eine erstaunliche Resistenz gegen das stark antivirale MxA-Protein. Eine Eigenschaft, die man bisher nur von pandemischen humanen Influenza-Viren kennt. Abschließend wurde eine effiziente Vermehrung in humanen Lungen-Explantaten nachgewiesen. Basierend auf den Ergebnissen, dass konventionelle Influenza-Impfstoffe keine kreuzreaktiven Antikörper gegen das N2-Protein des Fledertier-H9N2 hervorbringen, sind weitere Untersuchungen zur Erfassung des präpandemischen Potentials notwendig, die auch Analysen bei Menschen und Tieren mit Kontakt zu Flughunden in Afrika umfassen sollten.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler betonen, dass eine umfangreiche Überwachung und Diagnostik im Hinblick auf das Fledertier-H9N2 notwendig ist, um neue Virusisolate zu identifizieren, die aktuelle Verbreitung des Virus abschätzen zu können, und um potentielle Übertragungen auf andere Tierspezies oder auf den Menschen zu detektieren. Gleichzeitig heben die Forschenden hervor, dass diese besonderen und wichtigen Ergebnisse ohne den Einsatz von Tierversuchen nicht hätten erzielt werden können.
Die Forschenden aus Deutschland, USA und den Vereinigten Arabischen Emiraten präsentieren ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Nature Communications“. Zusätzlich wurde in enger Abstimmung mit weiteren internationalen Wissenschaftlern, die sich ebenfalls mit einer detaillierten Analyse des Fledertier-H9N2 beschäftigten, eine zweite Publikation in derselben Zeitschrift veröffentlicht. Die Ergebnisse dort unterstreichen das zoonotische Potential des Fledertier-H9N2 und bestätigen und ergänzen die Ergebnisse des FLI sehr gut.
Publikation des FLI:
Halwe, N.J., Hamberger, L., Sehl-Ewert, J. et al. Bat-borne H9N2 influenza virus evades MxA restriction and exhibits efficient replication and transmission in ferrets. Nat Commun 15, 3450 (2024). DOI : 10.1038/s41467-024-47455-6
Publikation zum Fledertier-H9N2 ohne Beteiligung des FLI:
El-Shesheny, R., Franks, J., Kandeil, A. et al. Cross-species spill-over potential of the H9N2 bat influenza A virus. Nat Commun 15, 3449 (2024). DOI : 10.1038/s41467-024-47635-4