Nationales Referenzlabor für Virale Hämorrhagische Septikämie (VHS) und Infektiöse Hämatopoetische Nekrose (IHN)
Die Infektiöse Hämatopoetische Nekrose (IHN) und die Virale Hämorrhagische Septikämie (VHS) der Salmoniden sind in der Aquakultur die ökonomisch bedeutsamsten Rhabdovirusinfektionen. Die Erreger beider Fischseuchen verursachen in Europa große wirtschaftliche Schäden sowohl in Fischzuchtanlagen als auch in freien Gewässern. IHN und VHS sind in der Europäischen Gesetzgebung als nicht exotische anzeigepflichtige Seuchen aufgeführt.
Die VHS tritt seit 1937 seuchenhaft in Forellenfarmen in Deutschland und Zentraleuropa auf. Der Erreger wurde in Amerika, Asien und fast allen europäischen Ländern nachgewiesen. Es gibt Hinweise, dass die VHS ursprünglich eine Erkrankung der marinen Fische war und erst durch die Intensivierung der Aquakultur eine Übertragung nach Verfütterung von Fischabfällen auf Süßwasserfische erfolgte. Inzwischen wurde der Erreger aus mehr als 100 Fischarten des Süß- und Salzwassers isoliert. Eine Übertragung der VHS ist auch durch andere Fischarten möglich.
Das Virus der IHN (IHNV) wurde erstmals 1957 in Lachsen entlang der pazifischen Küste Nordamerikas nachgewiesen. Der Erreger breitete sich weiter in Kanada und den Vereinigten Staaten aus. Mit der Intensivierung der Aquakultur verursachte der Erreger inzwischen auch erhebliche Verluste in Populationen der Süßwasserfische. 1976 wurde das Virus erstmals in Japan isoliert. Wenige Jahre später erschienen Berichte über das Auftreten der IHN in weiteren asiatischen Ländern (Taiwan, China und Korea) sowie den europäischen Staaten Frankreich, Italien, Schweiz und Belgien. IHNV wurde 1992 erstmals in Deutschland nachgewiesen. Das Spektrum IHNV empfänglicher Arten umfasst hauptsächlich Pazifische Lachse, Atlantische Lachse sowie Regenbogenforellen. Andere Fischarten können Überträger der IHN sein.
Auf Grund klinischer und pathologisch-anatomischer Symptomatik ist eine Unterscheidung dieser Krankheiten nicht möglich. Das Krankheitsbild der IHN und VHS kann einhergehen mit: Ödemen, Blutungen, Auftreiben des Leibes, Exophthalmus (Hervortreten der Augen). Die Krankheit kann zu vermehrten Todesfällen führen. Die klinischen Symptome sind unter natürlichen Bedingungen bei Wassertemperaturen bis 14 °C manifest. Bei perakuten (plötzlich auftretenden) Todesfällen können diese Symptome fehlen. Die Inkubationszeit beträgt ein bis zwei Wochen und ist abhängig vom Alter der Fische, der Wassertemperatur, der Infektionsdosis und der Virulenz des Erregers. Mögliche Übertragungswege sind die direkte Ansteckung von Fisch zu Fisch oder indirekt über Geräte und den Menschen, sowie über fischfressende Tiere (z.B. Kormoran, Graureiher, Fischotter).
Jährlich werden immer wieder Ausbrüche von IHN und VHS gemeldet. In Deutschland isolierte IHN- und VHS-Erreger sind der jeweiligen europäischen Genogruppe (M für IHN-Virus und Ia für VHS-Virus) zuzuordnen. Die Verbreitung der Viren in Deutschland erfolgt in den meisten Fällen durch den Handel mit infizierten Fischen.
Das NRL für IHN und VHS ist nach DIN EN Iso/IEC 17025 akkreditiert und koordiniert die Diagnose dieser Fischseuchen auf der Grundlage der EU- und nationalen Gesetzgebung. Die Klärung fraglicher Befunde der regionalen Diagnoselaboratorien insbesondere bei Ausbruch der IHN und/oder VHS in einem oder einer zuvor als seuchenfrei erklärten Kompartiment oder Zone erfolgt am FLI entsprechend den gesetzlichen Vorgaben.
Zur Unterstützung epidemiologischer Nachforschungen der IHN und/oder VHS können die Virusisolate zur genetischen Charakterisierung an das Referenzlabor am FLI gesendet werden. Im Rahmen dieser Analysen wird die Sequenz des vollständigen Glykoprotein-Gens der Erreger ermittelt und mit vorhandenen Daten aus internationalen und der FLI Datenbank verglichen. Diese Analysen ermöglichen Aussagen zur genetischen Verwandtschaft der Erreger. Die VHS-und IHN-Virus-Datenbanken des FLI umfassen Einträge aus öffentlichen Datenbanken und Isolate, die am FLI charakterisiert wurden. Enthalten sind Informationen von Erregern, die weltweit seit 1962 (VHSV) und 1987 (IHNV) isoliert wurden.
- Unterstützung der Untersuchungseinrichtungen der Bundesländer zur Bestätigung von erhobenen bzw. Abklärung unklarer Befunde (Einsendebogen)
- Ausarbeitung, Optimierung und Aktualisierung von methodischen Empfehlungen zur Diagnostik von IHNV und VHSV (amtliche Methodensammlung)
- Genetische Charakterisierung der IHN und VHS Erreger
- Abgabe von Referenzmaterialien
- Chargenprüfung von in vitro Diagnostika für IHNV und VHSV (Zulassungsstelle)
- Qualitätssicherung (Akkreditierung nach DIN EN Iso/IEC 17025)
- Durchführung von nationalen Ringversuchen
- Teilnahme an EU-Ringtests
- Erstellen des Tiergesundheitsjahresberichtes für IHN und VHS
- Aquakultur-Richtlinie 2006/88/EG des Rates vom 24. Oktober 2006 mit Gesundheits- und Hygienevorschriften für Tiere in Aquakultur und Aquakulturerzeugnisse und zur Verhütung und Bekämpfung bestimmter Wassertierkrankheiten (ABl. L 328 vom 24.11.2006, S. 14)
- Verordnung über anzeigepflichtige Tierseuchen in der derzeit gültigen Fassung
- Fischseuchenverordnung vom 24. November 2008 (FischSeuchV 2008, BGBl.I S.2315) in der derzeit gültigen Fassung
- Gesetz zur Vorbeugung und Bekämpfung von Tierseuchen (Tiergesundheitsgesetz – TierGesG) vom 22. Mai 2013 (BGBl. I S. 1324 (Nr. 25) in der derzeit gültigen Fassung
- Durchführungsbeschluss der Kommission 2015/1554 vom 11.9.2015 mit Durchführungsbestimmungen zur Richtlinie 2006/88/EG hinsichtlich der Anforderungen an die Überwachung und der Diagnosemethoden (ABl. L247 vom 23.09.2015, S.1)
- "Diagnostic Manual for Aquatic Animal Diseases" des Office International des Epizooties (O.I.E.) in der jeweils aktuellen Ausgabe