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Institut für Virusdiagnostik (IVD)

WOAH und Nationales Referenzlabor für Bovine Herpesvirus Typ 1-Infektion (BHV-1)

Das Bovine Alphaherpesvirus 1 (BHV-1 oder BoAHV-1) ist auch bekannt als IBR- oder IPV-Virus und Verursacher der entsprechenden Krankheitsbilder, der Atemwegsinfektion „Infektiöse Bovine Rhinotracheitis“ bzw. der Genitalinfektion „Infektiöse Vulvovaginitis/ Balanoposthitis“. Klinische Symptome können bei einer Infektion von erwachsenen Rindern fehlen oder mit leicht reduziertem Allgemeinbefinden schwach ausgeprägt sein. Unspezifische Anzeichen wie Bewegungsunlust, Milchleistungsrückgang und milde Atemwegssymptome können den Viruseintrag begleiten. Jedoch sind bei Kälbern wie auch seltener bei adulten Rindern schweren Erkrankungen von größeren Teilen der Herde verbunden mit einzelnen Todesfällen möglich. Letzteres wird in der Regel als Faktorenerkrankung im Zusammenspiel mit Stress und bakteriellen Sekundärinfektionen beobachtet. Die genitale Erkrankungsform wurde durch den Einsatz der künstlichen Besamung erfolgreich zurückgedrängt.

Als typischer Vertreter der Herpesviren ist BoHV-1 in der Lage, sich nach der Primärinfektion in die Nervenknoten an der Eintrittspforte zurückzuziehen und dort lebenslang zu überdauern. Unter Stresseinfluss (Transport, Geburtsvorgang, Erkrankung, Neuzusammenstellung von Herden) kann die Virusvermehrung und -ausscheidung wiedereinsetzen, ohne dass die betroffenen Rinder Erkrankungsanzeichen zeigen (Reaktivierung). Infizierte Tiere, sogenannte Reagenten, stellen eine permanente potentielle Bedrohung für die Ausbreitung der Infektion dar.

Die Infektionsübertragung verläuft hauptsächlich direkt über Tierkontakt und Tierhandel, kann aber auch für eine kurze Zeitspanne von 1-2 Tagen indirekt durch kontaminierte Kleidung und Schuhwerk, Instrumente und Fahrzeuge erfolgen Daher sind Biosicherheits- und Hygienemaßnahmen als tragende Säulen bei der Verhinderung der Einschleppung und Verbreitung von BoHV-1 Re-Infektionen anzusehen.

Eine Übertragung durch die Luft über größere Entfernungen ist bei BoHV-1 nicht erfolgreich.

Aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung sind in einigen europäischen Ländern große Anstrengungen unternommen worden, die Erkrankung in der Rinderpopulation zu tilgen. Länder wie Dänemark, Finnland, Norwegen, Schweden, Österreich und die Schweiz besitzen bereits seit Jahrzehnten den Status „BoHV-1 frei“. Seit Juni 2017 ist ganz Deutschland nach 20 Jahren intensiver BoHV-1 Bekämpfung ebenfalls amtlich „BoHV-1 frei“ (Karte). Dieser Freiheitsstatus vermittelt Handelsgarantien und -vorteile und ist an ein generelles Impfverbot und an einem Anteil von mindesten 99,8 % BoHV-1-freier Betriebe gebunden. Im Jahr 2020 konnte sich Tschechien ebenfalls für einen BoHV-1 freien Status qualifizieren.

In Deutschland wurden im Rahmen des BoHV-1 Bekämpfungsprogrammes Glykoprotein E (gE)- Deletionsvakzinen eingesetzt, die eine Unterscheidung von geimpften und mit Feldvirus-infizierten Rindern durch den Nachweis von gE-spezifischen Antikörpern erlauben. Diese Vakzine werden als DIVA-Impfstoffe (Differentiating Vaccinated from Infected Animals) bezeichnet. Die Impfung hat über Jahre erfolgreich die Ausbreitung des Feldvirus in verseuchten Regionen und Beständen reduziert, ohne die Diagnostik zu beeinträchtigen.
Prophylaktische Impfungen sind in Deutschland seit mittlerweile 2015 verboten. In Ausbruchsbetrieben können in Einzelfällen Not- oder Suppressionsimpfungen von den zuständigen Behörden angeordnet werden. Je nach Bestandsgröße, Infektionsstadium, Durchseuchungsgrad und baulicher und personeller Situation können die Maßnahmen zur Eindämmung der Seuchenausbreitung durch eine Impfung bis zum Abschluss der Abschaffung der Reagenten unterstützt werden

Nach dem Tiergesundheitsrechtsakt der EU (Verordnung (EU) 2016/429 und der Delegierten Verordnung (EU) 2018/1882 Anhang) wird BoHV-1 den Erregergruppen C, D und E zugeordnet. BoHV-1 ist dabei eine gelistete Seuche gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EU) 2016/429, die für einige Mitgliedstaaten relevant ist und für die Maßnahmen getroffen werden müssen, damit sie sich nicht in Bereichen der EU ausbreitet, die amtlich seuchenfrei sind oder in denen es entsprechende Tilgungsprogramme gibt. Praktisch bedeutet dies, dass wie bisher alle Bovidae in die BoHV-1 Untersuchungspflicht eingebunden sind. Eine Einteilung in Kategorie D und E mit vorgeschriebenen Eingangs- und Überwachungsuntersuchungen betrifft neben Rinderartigen auch Kameliden und Cerviden.

  • direkter Ansprechpartner für Bundes- und Länderbehörden zu Fragen der BoHV-1-Bekämpfung in Zusammenarbeit mit den Spezialisten aus dem Institut für Epidemiologie des FLI
  • Virus bzw. Genomnachweis in Untersuchungsmaterial
  • Sequenzaufklärung von Virusisolaten
  • BoHV-1-Antikörpernachweis zur Abklärung unklarer Ergebnisse
  • Bereithaltung von BoHV-1-Virusstämmen, Referenzmaterial (Blut, Milch, Fleischsaft) und BoHV-1-spezifischen monoklonalen Antikörpern
  • Überprüfung, Standardisierung und Weiterentwicklung von BoHV-1-spezifischen Testverfahren
  • Zulassungs- und Chargenprüfung von BoHV-1-Diagnostika  
  • Durchführung von Qualifizierungsmaßnahmen z. B. für Mitarbeiter der Untersuchungsämter
  • Durchführung nationaler und internationaler Laborvergleichstests  
  • Teilnahme an internationalen und WOAH-Ringtests  
  • Beteiligung an Arbeitsgruppen und Forschungsprojekten der Europäischen Union
  • Weiterentwicklung und Standardisierung der BoHV-1 Diagnostik 
  • Zellkultureller Virusnachweis (Virusisolierung) und Immunfluoreszenzanalyse
  • Genomnachweis mittels Multiplex realtime PCR zur Differenzierung von Feld- und Impfvirus sowie konventionelle PCR; Differenzierung von Herpesviren mittel PanHerpes-PCR
  • Stammcharakterisierung durch Restriktionsenzymfragmentlängen-Polymorphismus (RFLP)-Analyse
  • differenzierende Neutralisations-und Plaquereduktionstests
  • Antikörpernachweis mittels Neutralisationstest und ELISA: differenzierende Antikörper-Analysen durch gB-blocking ELISAs, indirekte ELISAs und gE-blocking-ELISAs
  • Panel von mehr als 200 definierten BoHV-1-Referenzseren  
  • Deutsche BoHV-1-Referenzseren: R1 (stark positiv), R2 (positiv), R3 (schwach positiv) sowie R31 und R32 (negativ)
  • Deutsche Referenzmilchproben zum Einsatz im 50er und 100er Pool: R26 (positiv), R27 (schwach positiv), R28 (positiv), R29 (schwach positiv), R30 (negativ)
  • Fleischsaftreferenzmaterial: stark und schwach positiv, negativ
  • Verschiedene BoHV-1-Referenzstämme
  • Sammlung verwandter Wiederkäuer-Herpesviren (BuHV-1, BoHV-5, CvHV-1, CvHV-2, CpHV-1)
  • WOAH-gelistete Krankheit
  • TierSeuchAnzV vom 19.07.2011, zuletzt geändert am 31.03.2020
  • Übergeordnete RechtsVO: Verordnung (EU) 2016/429 und Delegierte Verordnung (EU) 2020/689
  • BHV1-VO