Nationales Referenzlabor für Milzbrand
Milzbrand (Anthrax) ist eine durch den Bacillus anthracis verursachte Infektionskrankheit. Sie tritt sowohl bei Tieren als auch beim Menschen auf und gehört deshalb zum Formenkreis der Zoonosen.
Bacillus (B.) anthracis ist ein sporenbildendes, aerobes, grampositives, unbewegliches, stäbchenförmiges Bakterium. Virulente Stämme besitzen neben der Kapsel ein plasmidcodiertes Proteintoxin, welches aus einem protektiven, einem letalen und einem Ödemfaktor besteht. Die Ansteckung beim Tier erfolgt gewöhnlich durch die Aufnahme von Milzbrandsporen mit dem Futter oder Trinkwasser. Der Milzbranderreger bildet Sporen als Dauerformen, welche sich über Jahrzehnte im Erdboden als ansteckungsfähig erhalten können. Milzbrandsporen werden weder durch Fäulnis noch durch Eintrocknen oder beim Gerben der Häute vernichtet. Die Krankheit ist weltweit verbreitet und kommt am häufigsten in Asien (Naher und Ferner Osten, Indien), Afrika und Südamerika vor, in Europa sind der mediterrane Raum und Osteuropa am stärksten betroffen.
In Deutschland werden Milzbranderkrankungen beim Tier seit Jahren nur noch vereinzelt festgestellt. Im Zeitraum von 1981-2002 wurden insgesamt 41 Milzbrandausbrüche bei Tieren (Neuausbrüche, Gehöfte) angezeigt.
- Unterstützung der Untersuchungseinrichtungen der Bundesländer
- Abklärung unklarer Befunde
- Ausarbeitung und Aktualisierung von methodischen Empfehlungen zur Labordiagnostik
- Abgabe von Referenzmaterialien
Zu den Aufgaben des Referenzlabors gehört u. a. die Optimierung der diagnostischen Verfahren. Es wurde eine Arbeitsanleitung zur Diagnostik des Milzbrandes erarbeitet, die kürzlich aktualisiert (Stand November 2002) und durch das BMVEL herausgegeben wurde. In dieser Arbeitsanleitung sind die traditionellen mikrobiologischen Verfahren der Erregerdiagnostik zusammengefasst.
In alten oder fauligen tierischen Proben, oder in Verarbeitungsprodukten von Tieren, welche an Milzbrand verendet sind oder in Umweltproben, wird die Isolierung durch das Vorkommen von anderen Bakterien erschwert.
Dabei besitzt auf Grund morphologischer Ähnlichkeiten die Abgrenzung von B. anthracis von seinen taxonomisch nächsten Verwandten B. cereus, B. thuringiensis und B. mycoides (B.-cereus-Gruppe) besondere praktische Bedeutung. In diesen Fällen sind selektive Untersuchungsmethoden notwendig, um B. anthracis so schnell wie möglich zu isolieren und von den anderen Bacillus-Spezies zu unterscheiden. Die Stämme sollten auf dem kommerziell erhältlichen Anthrax- Blutagar (Heipha, Deutschland) und zwei chromogenen Kulturmedien (Cereus-Ident-Agar von Heipha, BCM® Bacillus cereus/Bacillus thuringiensis plating medium von Biosynth AG, Schweiz) ausgestrichen werden. Auf den chromogenen Nährmedien wachsen bereits innerhalb von 4-5 h stecknadelkopfgroße B.-anthracis-Kolonien. Nach 18- 20 h Bebrütung bei 37°C wächst B. anthracis als große, weiße Kolonien mit einem Durchmesser von ca. 4 mm ohne Hämolyse und ohne Verfärbung auf den chromogenen Nährmedien. Demgegenüber bilden B.cereus und B. thuringiensis große Hämolysezonen auf Anthrax-Blutagar aus und wachsen als blau-türkise Kolonien auf den chromogenen Nährmedien. B. megaterium und B. subtilis werden im Wachstum durch alle chromogenen Nährmedien gehemmt. Beim Auftragen von Gamma- Phagen auf die beimpften Platten ist bei Vorhandensein von B. anthracis die Phagenreaktion schon innerhalb von 4-5 h und nach 18-20 h Inkubation bei 37 °C gut sichtbar. Dies bedeutet, dass an der Stelle, wo die Phagensuspension aufgetropft wurde, bei B. anthracis eine Lysiszone (bakterienfreier Bereich) zu sehen ist. Die isolierten Kulturen oder verdächtigen Kolonien müssen unbedingt und in jedem Fall mit einer dafür beschriebenen Methode der Polymerasekettenreaktion (PCR) durch Plasmidnachweis als B.-anthracis-Kolonien bestätigt werden.
Achtung: Arbeiten mit B. anthracis im Labor sind sehr gefährlich. Daher ist der Umgang mit potentiell B.-anthracis-haltigem Material genehmigungspflichtig und darf nur in einem Labor der Sicherheitsstufe 3 vorgenommen werden.
- Beratung zu Fragen der Diagnostik, insbesondere auch Beratung diagnostischer Laboratorien zu Fragen des Materialtransportes, des Nährbodenspektrums, der Anzuchtverfahren und der Infektionsgefährdung
- Anzucht aus klinischem Material
- Identifizierung von Bakterienisolaten mit molekularbiologischen Testverfahren
- Entwicklung und weitere Optimierung von molekularbiologischen Methoden zum Erregernachweis (nested- und realtime-PCR)
- Führen einer Stammsammlung molekulargenetisch typisierter Isolate
- Erfassung und Sichtung aller Milzbrandausbrüche in Deutschland und deren epidemiologische Aufarbeitung
Bei diagnostischen Anforderungen wird eine vorherige Absprache mit dem Labor erbeten.
Beyer, W., P. Glöckner, J. Otto and R. Böhm (1995): A nested PCR method for the detection of Bacillus anthracis in environmental samples collected from former tannery sites. Microbiol. Res., 150, 179-186.
Peng, H., V. Ford, E.W. Frampton, L. Restaino, L.,A. Shelef and H. Spitz (2000): Isolation and Enumeration of Bacillus cereus from foods on a novel chromogenic plating medium. Food. Microbiol., 18, 231-238.
Milzbrand. In: Arbeitsanleitung zur Labordiagnostik von anzeigepflichtigen Tierseuchen nach der Verordnung über anzeigepflichtige Tierseuchen vom 23. Mai 1991 (BGBl. I S. 1178) in der jeweils geltenden Fassung (aktualisierte Fassung, Stand: November 2002, S. 176 - 191), Hrsg.: BMELV