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Tierseuchengeschehen

Hantavirus-Erkrankungen in Deutschland

Die natürlichen Wirte der Hantaviren sind verschiedene Nagetiere (zum Beispiel Mäuse und Ratten), Spitzmäuse, Maulwürfe und Fledermäuse. Die Viren werden von infizierten Nagern über Speichel, Urin und Kot ausgeschieden.

Eine Übertragung von Hantaviren durch infizierte Nagetiere auf den Menschen (Zoonose) erfolgt in der Regel indirekt durch aerogene Aufnahme Virus-belasteter Stäube – ein direkter Kontakt zu den Nagetieren ist somit nicht erforderlich. Die Viren sind außerhalb des Wirtes bis zu rund zwei Wochen infektiös. Hantavirus-Infektionen können beim Menschen schwerwiegende Erkrankungen unter Beeinträchtigung der Nieren bis hin zum Nierenversagen hervorrufen.

In Deutschland werden die meisten der humanen Hantavirusfälle durch das von der Rötelmaus übertragene Puumalavirus verursacht. Im östlichen Teil Deutschlands, dem Verbreitungsgebiet der Brandmaus, wurden zudem humane Infektionen mit dem Dobrava-Belgrad-Virus beschrieben. 

Die aktuelle Zahl gemeldeter Hantavirusfälle stellt das Robert Koch-Institut unter SurvStat zur Verfügung.

Weitere Hinweise zur Vermeidung von humanen Hantavirusinfektionen gibt das entsprechende Merkblatt (auf dieser Seite rechts zum Download).

Am Friedrich-Loeffler-Institut bearbeitet das Nationale Referenzlabor für Hantaviren veterinärmedizinische Fragen der Infektionskrankheit.

Aktuelle Untersuchungsergebnisse des RoBoPub-Zoonoseforschungsverbundes („Rodent-Borne-Pathogens-and-Public-Health“, d.h. Nagetier-übertragene Krankheitserreger und öffentliche Gesundheit) deuten darauf hin, dass im laufenden Jahr im Landkreis Osnabrück mit einer erhöhten Zahl humaner Erkrankungen gerechnet werden muss. Darauf weisen eine erhöhte Rötelmauspopulation und eine hohe Verbreitung des Puumala-Orthohantavirus (PUUV) in den Rötelmäusen hin. Die Zahl der bisher gemeldeten Erkrankungsfälle im Landkreis Osnabrück übertrifft bereits die Gesamtzahl aller gemeldeten Fälle vom Vorjahr (Stand: 21. Kalenderwoche). Dies geht insbesondere aus den vom Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES), dem Gesundheitsamt Osnabrück, dem Niedersächsischen Landesgesundheitsamt (NLGA), dem Julius Kühn-Institut (JKI), dem Institut für Medizinische Virologie der Charité und dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) gesammelten Daten hervor. Gegenwärtig konzentrieren sich die RoBoPub-Partner JKI und FLI auf die Untersuchung der Situation in weiteren Endemiegebieten, um eine Prognose auch für diese Regionen geben zu können.

Hantaviren verursachen beim Menschen eine fiebrige, grippeähnliche Erkrankung, die bei schweren Verläufen mit Nierenfunktionsstörungen verbunden sein kann. In Deutschland unterliegt der Nachweis von Hantaviren seit Einführung des Infektionsschutzgesetzes im Jahr 2001 der Meldepflicht, soweit er auf eine akute Infektion hinweist. Auch das klinische Bild eines akuten viralen hämorrhagischen Fiebers ist meldepflichtig. Die Zahl der jährlich gemeldeten Hantavirusfälle zeigt starke Schwankungen mit deutlich erhöhten Zahlen in den „Ausbruchs“-Jahren 2007, 2010, 2012 und 2017. Die humanen Hantaviruserkrankungen in Deutschland werden vor allem durch das Puumala-Orthohantavirus (PUUV) verursacht. Der Reservoirwirt dieses Hantavirus ist die Rötelmaus. Endemiegebiete, das heißt Regionen, in denen häufig über lange Zeiträume Infektionen mit dem PUUV auftreten, liegen im westlichen und südlichen Teil Deutschlands, insbesondere in bestimmten Gebieten von Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen (Karte). Auf diese Regionen beschränkt sich auch die Verbreitung des PUUV; im östlichen Teil Deutschlands kommt dieses Hantavirus nicht vor. Die gegenwärtig bekannte Verbreitungsgrenze verläuft in Niedersachsen, Hessen/Sachsen-Anhalt und Thüringen (Karte).

In den genannten Endemiegebieten  infizieren sich Menschen verstärkt während Massenvermehrungen der Rötelmaus, die i.d.R. im Jahr nach einer Buchenmast (massenhafte Produktion von Bucheckern) auftreten.

Leider ist gegen die Hantavirusinfektion kein Impfstoff verfügbar. Deshalb kommt der Expositionsprophylaxe große Bedeutung zu. Hinweise dazu sind im Merkblatt „Wie vermeide ich Hantavirusinfektionen?“ dargestellt.

Gemeinsame Mitteilung von JKI, RKI, FLI und Nationalem Konsiliarlaboratorium für Hantaviren an der Charité auf den jeweiligen Homepages

04. März 2012


Wissenschaftler und Forstbehörden sehen Anzeichen für ein möglicherweise vermehrtes Auftreten von Hantavirus-Infektionen in diesem Jahr. Diese vor allem von Rötelmäusen übertragene Infektionskrankheit verläuft meistens mild mit grippeähnlichen Symptomen, in Einzelfällen kann es allerdings zu schweren Verlaufsformen mit Nierenfunktionsstörungen kommen, die durch Dialyse behandelt werden müssen. Buchen und Eichen vor allem in Baden-Württemberg, Hessen, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Thüringen trugen laut den Forstbehörden im letzten Jahr besonders viele Früchte („Vollmast“), was zu steigenden Rötelmauszahlen führen könnte. Das Friedrich-Loeffler-Institut und das Julius Kühn-Institut stellten in einer Studie in Baden-Württemberg im Herbst des vergangenen Jahres zudem eine hohe Rötelmausdichte fest, die in diesem Jahr zu einer massenhaften Vermehrung führen könnte. Das Robert Koch-Institut verzeichnet in den letzten Monaten auch einen Anstieg der nach Infektionsschutzgesetz an die Gesundheitsämter gemeldeten Hantavirus-Infektionen beim Menschen. In den meisten Jahren folgt auf einen Erkrankungsgipfel im Sommer ein Rückgang der Infektionen, der jedoch im vergangenen Herbst und Winter ausblieb. Vor dem Hantavirus-Ausbruchsjahr 2010 war zum Jahreswechsel 2009/2010 ein ähnliches Phänomen beobachtet worden. Betroffen sind insbesondere wieder Regionen mit bekannten Hantavirus-Endemiegebieten (z.B. die Schwäbische Alb, der Bayerische Wald, der Raum Osnabrück, das Münsterland).

Hantavirusinfektionen sind in Deutschland seit Mitte der 1980er Jahre bekannt. Seit Einführung der Meldepflicht für humane Hantavirusinfektionen im Jahr 2001 wurden durchschnittlich etwa 500 Fälle pro Jahr gemeldet. Europaweit erhobene Daten zeigen, dass in periodischen Abständen von 2-3 Jahren mit einer deutlich erhöhten Anzahl von Infektionen zu rechnen ist. In Deutschland wurden in den Jahren 2007 und 2010 mit 1688 und 2017 Fällen solche Zunahmen der Infektionen beobachtet. Diese Ausbrüche wurden vor allem durch ein Puumalavirus genanntes Hantavirus hervorgerufen, das von der Rötelmaus auf den Menschen übertragen wird. Die Ursachen für die starken Schwankungen der gemeldeten Fälle sind unklar. Wahrscheinlich ist ein Zusammenhang mit der Populationsgröße der Rötelmäuse und deren Durchseuchung mit Hantaviren gegeben. Starke Fruchtbildung (Mast) bei Buchen und anderen relevanten Baumarten spielt für die Populationsdynamik der Nagetiere eine zentrale Rolle. Ein durch die Buchenmast erhöhtes Nahrungsangebot verbessert die Überlebenswahrscheinlichkeit von Rötelmäusen im Winterhalbjahr. In extremen Fällen könnte es sogar zu einer Vermehrung im Winter mit entsprechend großen Nagetierpopulationen zu Beginn des folgenden Jahres kommen. Diese Ausgangspopulationen können sich dann ab Frühjahr weiter fortpflanzen und bei entsprechender Durchseuchung mit Hantaviren den Ausgangspunkt für Humaninfektionen darstellen.

Die Hantavirus-Erkrankung beim Menschen beginnt mit abrupt ansteigendem Fieber, Kopfschmerz und Schmerzen im Bereich des Rückens und Bauches. Oft treten auch Sehstörungen auf. Bei schweren Verläufen kommt es an den Folgetagen häufig zu Blutdruckabfall und Störungen der Funktion innerer Organe, insbesondere der Nieren. Bei der ärztlichen Blutuntersuchung fallen eine Verminderung der Blutplättchen (Thrombozyten) und eine Erhöhung des Serumkreatinins auf, im Urin lassen sich oft Eiweiß und rote Blutkörperchen nachweisen. Nach Überstehen der klinisch kritischen Phase heilt die Krankheit in der Regel folgenlos aus.

Eine spezifische Diagnostik erfolgt durch Nachweis von Antikörpern gegen das Hantavirus im Blut. Von besonderer Bedeutung für die Erforschung der Infektion ist die Analyse des genetischen Materials des Virus, das im Blut des Patienten nur in den ersten 1-3 Krankheitswochen vorkommt. Behandelnde Ärzte und Diagnostiklabore werden gebeten, dazu mit dem Nationalen Konsiliarlaboratorium für Hantaviren an der Charité Kontakt aufzunehmen.

Weitere Hinweise und Tipps zur Prävention enthält das Merkblatt „Informationen zur Vermeidung von Hantavirus-Infektionen“, welches auf der Homepage von Charité, FLI, JKI und RKI erhältlich ist.

04. August 2010: In diesem Jahr wurden bis zum 4. August insgesamt 1.318 labordiagnostisch bestätigte Fälle von Hantavirus-Erkrankungen registriert, wobei die Mehrzahl der Fälle auf Baden-Württemberg (739) und  Bayern (249) entfielen, gefolgt von Nordrhein-Westfalen (98), Hessen (94) und Niedersachsen (76) (Robert Koch-Institut: SurvStat, http://www3.rki.de/SurvStat, Datenstand: 4. August 2010). Bisher traten in Deutschland im Jahr 2007 mit insgesamt 1.688 gemeldeten Fällen die meisten Hantavirus-Erkrankungen auf; in den Folgejahren 2008 und 2009 wurden mit 243 bzw. 181 Fällen deutlich weniger registriert (Abb. 1).

Über die Ursachen der in diesem Jahr (und im Jahr 2007) beobachteten deutlichen Erhöhung der Zahl gemeldeter Fälle kann im Moment keine verlässliche Aussage gemacht werden. Möglicherweise spielt eine starke Vermehrung der Rötelmaus in diesem Jahr infolge einer Buchenmast im vergangenen Jahr eine Rolle bei dem Anstieg der Fallzahlen. Hierzu laufen derzeit in einem Kooperationsprojekt erstmals Langzeitstudien zur Populationsdynamik der Rötelmaus, deren Durchseuchung mit dem Puumalavirus (einem der drei Virustypen bei Nagern in Deutschland) und der Häufigkeit humaner Infektionen. Im Rahmen dieser Untersuchungen soll ein langfristiges Monitoringprogramm entwickelt werden, das zukünftig die rechtzeitige Erkennung von Hinweisen für eine erhöhte Infektionsgefährdung der Bevölkerung erlauben soll. Projektpartner sind das Julius Kühn-Institut, das Friedrich-Loeffler-Institut, das Robert Koch-Institut, das Nationale Konsiliarlaboratorium für Hantaviren am Institut für Virologie der Charité, das Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr und das Büsgen-Institut der Universität Göttingen.

Hantaviren zählen zu den „emerging viruses“, ihre Bedeutung als humanpathogene Erreger nimmt zu. Hantaviren werden als Zoonoseerreger aus dem Tierreich in die menschliche Bevölkerung eingeschleppt. Die Infektion des Menschen mit Hantaviren erfolgt üblicherweise durch Übertragung von viruskontaminierten Ausscheidungen infizierter Nagetiere. Die virushaltigen Ausscheidungen der Tiere werden vom Menschen eingeatmet, die Erreger können aber in seltenen Fällen auch direkt durch den Biss eines infizierten Tieres weitergegeben werden. Neben den Nagern kommen auch andere Kleinsäuger (Insektenfresser wie Spitzmäuse und Maulwürfe) als Hantavirus-Reservoire in Betracht. 

Abb. 2: Nagetier-Reservoirwirte von Hantaviren in Deutschland

In Deutschland kommen 3 Nagetier-assoziierte Virustypen vor. Das von der Rötelmaus (Abbildung 2 a) übertragene Puumalavirus ist für die überwiegende Zahl an Hantavirus-Infektionen und für die auch gegenwärtig beobachtete erhöhte Fallzahl in Süd- und Westdeutschland verantwortlich. 

Im Norden und Osten des Landes ist außerdem das Dobrava-Belgrad-Virus, das von der Brandmaus (Abbildung 2 b) übertragen wird, Verursacher humaner Infektionen. 

Außerdem kommt in Deutschland das Tulavirus vor, das von der Feldmaus (Abbildung 2 c) und vermutlich der Erdmaus übertragen wird, beim Menschen aber sehr wahrscheinlich keine oder sehr selten Krankheitssymptome hervorruft.

Der klinische Verlauf einer Hantavirus-Infektion ist typischer Weise vor allem durch hohes Fieber, Kopf-, Rücken- und Bauchschmerz, Blutdruckabfall und Nierenfunktionsstörungen gekennzeichnet. In einigen Fällen lassen sich auch extrarenale Manifestationen der Hantavirus-Infektion beobachten, wobei es sich hierbei zumeist um eine Begleithepatitis oder eine Lungenbeteiligung handelt. Viele Krankheitsfälle werden jedoch gar nicht als solche erkannt, weil bei akutem Nierenversagen entweder nicht an diese infektiöse Ursache gedacht wird oder die technischen Voraussetzungen für eine entsprechende Virusdiagnostik fehlen.

Personen, die in bekannten Endemiegebieten wohnen und durch ihren Beruf oder ihre Wohn- und Lebensumstände Kontakt mit Nagetieren und ihren Ausscheidungen haben, weisen ein erhöhtes Infektionsrisiko auf. Risikofaktoren für die Übertragung von Hantaviren vom Reservoirtier auf den Menschen sind Tätigkeiten in Wald und Feld sowie auf dem Bau, Wohnen in der Nähe von Wäldern und Parks sowie insgesamt ein erhöhter Kontakt zu Mäusen und ihren Ausscheidungen. Da bisher keine Schutzimpfung und auch keine kausale antivirale Therapie verfügbar sind, kommt der Expositionsprophylaxe besondere Bedeutung zu.

Der beste Schutz vor Infektionen besteht im Vermeiden von Kontakten mit den Ausscheidungen von Nagetieren. Dazu gehört die Verhinderung eines Eindringens von Mäusen in menschliche Wohnbereiche, aber auch in deren nähere Umgebung (z. B. durch Vermeidung des Ansammelns von Nahrungsresten in der Nähe von Wohnhäusern). Auch Bauern und Gestütsmitarbeiter sollten besonders auf die Verhinderung der Mäuseansiedlung und die Beseitigung von Mausnestern in den Stallungen achten (dabei Benutzung von Handschuhen und Mundschutz, Vermeidung des Aufwirbelns von Mäuseausscheidungen, Desinfektion).

Infektionsgefahr besteht auch beim Öffnen und Reinigen von Sommerhäusern nach der Winterpause, diese sollten zunächst gut durchlüftet werden, ehe (gegebenenfalls unter denselben Sicherheitsbedingungen wie in Stallungen) die Reinigung durchgeführt wird.


Weitere Informationen finden Sie auf dem  Merkblatt „Wie vermeide ich Hantavirusinfektionen“ (PDF, nicht barrierefrei) und unter den unten aufgeführten Links:

Autoren:

  • Detlev H. Krüger (IMV, Charité Berlin)
  • Rainer G. Ulrich (FLI, Greifswald-Insel Riems)
  • Jens Jacob (JKI, Münster)